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27-09-2014

Frieden - Kein Fremdwort aber viel zu selten Realität

In einer lebhaften Diskussion haben Vertreter aus Wissenschaft, Diplomatie, Medien und dem humanitären Hilfsbereich über Chancen und Gefahren des weltweiten Friedens debattiert.

Die von der Deutschen Initiative für den Nahen Osten (DINO) ausgetragene Veranstaltung im Festsaal des Münsterschen Rathauses fand am Mittwochabend dieser Woche 2014 unter dem Motto „Frieden - ein Fremdwort?“ statt. Eindringlich appellierten die Teilnehmer daran, Frieden nicht nur mit militärischen Mitteln durchzusetzen, sondern auch sogenannte weiche Faktoren in den Blick zu nehmen. 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges diskutierten sie in der Stadt des Westfälischen Friedens, warum sich immer mehr Konflikte weltweit häufen. Moderiert wurde die Diskussion von DINO-Sprecher Manfred Erdenberger.

Auf die Frage, ob Frieden mittlerweile wirklich ein Fremdwort ist, zeigte sich Dr. Tono Eitel, früherer Botschafter im Libanon und bei den Vereinten Nationen, skeptisch. „Denn das, was man nicht hat, aber was man begehrt, wird viel häufiger bedacht als das, was man gewohnheitsmäßig bei sich hat“ sagte er. In Regionen, wo Krieg herrsche, werde das Wort ‚Frieden‘ mindestens genauso häufig besprochen wie andere Begriffe. Die ausbleibende Verwirklichung des Wortes in so vielen Landstrichen der Erde lasse einen allerdings an der Bedeutung zweifeln.

Unzufrieden im Umgang der Staatengemeinschaft mit der Bedrohung durch die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ zeigte sich Prof. Dr. Joachim Gardemann, Leiter des Kompetenzzentrums Humanitäre Hilfe in Münster. Die Vereinten Nationen verfügten über alle nötigen Instrumente der Friedenssicherung, ohne, dass diese bislang zum Einsatz kämen. „Wir haben jetzt eine einmalige Chance in der Weltgeschichte. Wir haben eine Situation, wo eigentlich alle rechtstreuen Staaten der Welt einem bewaffneten Mandat zustimmen würden.“ Dass trotzdem ohne UN-Mandat vorgegangen werde, sei nicht nachvollziehbar.

Die Entscheidung für militärische Interventionen bezeichnete Thomas Nehls, ehemaliger ARD-Korrespondent, als „Mangel an Kreativität“. Bei solchen Aktionen seien die Handelnden auch immer von eigenen Interessen wie etwa der heimischen Rüstungsindustrie beeinflusst. Was die UN angehe, habe diese auch Frieden erreicht wie etwa in Ost-Timor, Sierra Leone oder in Angola. In vielen anderen Fällen seien Entscheidungen allerdings durch die Veto-Mächte im Sicherheitsrat verhindert worden.

Die Spiegel-Korrespondentin Susanne Koelbl erinnerte sich daran, dass sie selbst in einer Zeit aufgewachsen sei, in der Frieden selbstverständlich gewesen sei. Mittlerweile habe sie als Journalisten viele Krisenländer bereist - zuletzt den Iran, Syrien und Libyen - sodass sie zu dem Schluss komme: „Der Friede, den wir kannten, den werden wir so nicht behalten können. Die Zeit, die ich noch auf dieser Welt leben werde, halte ich für wesentlich unfriedlicher als die, die ich bislang erlebt habe.“

Der stellvertretende geschäftsführende Direktor des Philosophischen Seminars an der Uni Münster, Prof. Dr. Michael Quante, stellte sich die Frage, wie viel jeder Einzelne von uns bereit sei, einen Beitrag zum Frieden zu leisten. „Wenn Frieden etwas kosten sollte, wie viel Frieden will dann jeder“, sagte er. Wie viele Konflikte würden die Menschen aushalten, die sich aus einer Pluralität ergäben und wie viel Instabilität würden sie zulassen, die durch Zuwanderung entstehe. Auch die tödlichen Unglücke mit Flüchtlingen im Mittelmeer seien eine Folge der Konfliktlagen. Die Bereitschaft hierzulande zum Handeln sei allerdings nicht all zu groß. „Ich sehe nicht, dass wir in einer Gesellschaft leben, wo wir mit offenen Armen bereit sind, auch nur ein Hundertstel dessen zu tun, was die ärmsten Länder in den Regionen bereit sind zu tun.“

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