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23-10-2015

DINO zeichnet EU-Parlamentspräsident Schulz mit Nahost-Preis aus

Überschattet von der dramatischen Lage in vielen Ländern der Region hat die

Deutsche Initiative für den Nahen Osten (DINO) ihren diesjährigen Nahost-Preis verliehen. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, wurde am Donnerstag in Düsseldorf für sein beherztes Eintreten für den Frieden im Nahen Osten geehrt.

Zu den Preisträgern gehörte auch die Journalistin Bettina Marx und der jüdische Sportverein TuS Makkabi Köln. Sorgenvoll blickten alle Preisträger und deren Laudatoren auf die momentanen Entwicklungen in Syrien oder in Israel und Palästina. Sie alle sprachen sich für Lösungen auf diplomatischem Wege aus.

 

So warnte Preisträger Schulz vor rund 120 geladenen Gästen davor, angesichts der Vielzahl an Konflikten zu resignieren. „Es hat immer wieder einen Zweck“, sagte er zu den Bemühungen für Verständigung und Versöhnung.

„Wir brauchen eine langfristige Befriedung der Region heute mehr denn je. Und wir brauchen, um sie überhaupt zu erreichen, eine Befriedung der Mutter aller Konflikte in dieser Region. Und das ist der israelisch-palästinensische Konflikt.“ Israel habe angesichts der derzeitigen Attacken zwar das Recht, seine Bürger zu schützen. Dabei müsse aber auch die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden.

Friede und Sicherheit für die Menschen in Israel sei auf Dauer nicht ohne einen palästinensischen Staat möglich, so Schulz. Momentan bestehe aber viel mehr die Gefahr einer Eskalation weit über Israel und Palästina hinaus.

Auch auf die Entwicklung in Deutschland ging der SPD-Politiker ein. Dabei zeigte er sich sowohl besorgt als auch ermutigt. „Was wir in diesen Tagen in diesem Land erleben, sind zwei Dinge: Eine wie ich finde nie für möglich gehaltene Mobilisierung niedriger Instinkte. Aber, das stimmt mich hoffnungsfroh, auch eine kaum gekannte Bereitschaft der sogenannten schweigenden Mehrheit, dagegen aufzustehen. Auch das ist ein Zeichen der Reife der Demokratie unseres Landes, von der ich fest überzeugt bin, dass sie stark genug ist, den rechten Mob, der sich wieder vorwagt, die Grenzen zu zeigen.“ Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union griff der Parlamentspräsident scharf an. „Der reiche Kontinent Europa sollte sich schämen, immer wieder Milliardensummen zu versprechen, die anschließend nicht gezahlt werden“, sagte er mit Blick auf horrende Zusagen für Hilfsleistungen in den Krisengebieten, denen die Länder noch immer nicht nachgekommen sind. Dies seien „schwerwiegende Versäumnisse“, die angesichts humanitärer Folgen und Fluchtbewegungen teuer bezahlt werden müssten. Dass sich Russland nun militärisch in Syrien betätige, erschwere zudem eine Lösung, die nur am Verhandlungstisch möglich sei.

Überreicht wurde der Preis in Düsseldorf von Ruprecht Polenz, Vorsitzender der Initiative, und Peter Heesen, Vorsitzender der Jury. Die Laudatio auf Martin Schulz hielt Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn.  Der würdigte ihn als „Handlungsreisenden der europäischen Versöhnungsidee“. Im Nahen Osten trete Schulz für Vermittlung und Konfliktlösung ein, ohne auch vor unbequemen Wahrheiten zurückzuschrecken. Sein „beherztes Eintreten“ für eine Lösung des Nahost-Konflikts habe ihm in der Region viele Freunde gemacht. In dramatischen Worten beschrieb der Außenminister die derzeitige Lage. „Die Gesamtwetterlage im Nahen und Mittleren Osten ist so beängstigend wie selten nur“, sagte Asselborn. Angesichts der anhaltenden Attacken in Israel breite sich die „Gewaltspirale“ wieder aus und das „traurige Schauspiel von Gewalt und Gegengewalt“ werde aufgeführt. „Die Perspektivlosigkeit zehrt unerlässlich an der Glaubwürdigkeit einer noch so hauchdünnen Grundlage eines Friedensprozesses.“ Dabei würde eine Normalisierung des israelisch-palästinensischen Verhältnisses die Spannungen innerhalb der arabischen Welt sowie zwischen der islamischen Welt und dem Westen reduzieren. Die derzeitige „Migrationswelle“ nach Europa bezeichnete Asselborn als „enorme Herausforderung“. Dieser könne allerdings nicht mit Stacheldrähten und Mauern entgegengetreten werden, sondern nur mit Solidarität, politischem Willen und einer „rationalen Organisationen der Ströme“. Die Beschlüsse seien auf der EU-Ebene gefasst, nur die konkrete Umsetzung in den Ländern bleibe offen.


Der Medienpreis ging in diesem Jahr an die Journalistin Bettina Marx. Die langjährige Parlamentskorrespondentin der Deutschen Welle  in Bonn und Berlin war über Jahre ARD-Hörfunk-Korrespondentin für Israel und Palästina und berichtete von den Gazakriegen 2008/2009 und 2014. Ihre Analysen seien „fundiert und authentisch“ und sie widme sich auch „unbequemen und provokanten“ Thesen, die Widerspruch hervorriefen, aber für ein „vertieftes Verständnis der Realität im Nahen Osten unverzichtbar“ seien, befand die Jury. Laudator Marc Jan Eumann, Medienstaatssekretär in NRW, lobte die Preisträgerin dafür, dass sie es sich zur Aufgabe gemacht habe, die Politik im Nahen Osten immer mit der notwendigen Distanz zu schildern, ohne es an Empathie für die Regionen missen zu lassen.



Marx selbst erinnerte sich daran, dass sie seit 25 Jahren aus und über den Nahen Osten berichte. „Aber noch nie habe ich die Lage in dieser Region in einem solchen Zustand erlebt wie in diesen Tagen“, sagte sie. Angesichts von zuletzt 50 toten Palästinensern und zehn toten Israelis gebe es eine „neue Welle der Gewalt“. Diese komme allerdings nicht überraschend, da die Palästinenser seit 50 Jahren unter einer Besatzung lebten, die keine Hoffnung auf eine bessere Zukunft zulasse. Diese „Politik der Hoffnungslosigkeit“ bringe allerdings beide Seiten nicht weiter. „Israelis werden nur dann in Sicherheit leben können, wenn auch die Palästinenser politische, bürgerliche und soziale Rechte genießen“, sagte Marx.

 

 

Mit einem Sonderpreis für ein vorbildhaftes Zusammenleben zwischen Menschen verschiedener Herkunftsländer und Religionen wurde der Verein TuS Makkabi Köln ausgezeichnet. In dem größten jüdischen Sportverein in Nordrhein-Westfalen betätigen sich Juden, Christen und Moslems in verschiedenen Disziplinen. Angesichts dessen lobte Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes die „integrative Kraft“ des Vereins. Er leiste einen Beitrag zum Ansehen der in Deutschland lebenden Juden und demonstriere Offenheit und Toleranz. Vereinsvorstand Wolfgang Krymalowski sagte dazu: „Für uns war und ist die Nationalität und Konfession unserer Mitglieder unerheblich, da wir die Auffassung vertreten, dass Politik im Sport nichts zu suchen hat.“ Allerdings habe es zuletzt mehrere Vorfälle gegeben, bei denen die eigenen Sportler von Gegnern antisemitisch und israelfeindlich beleidigt, bedroht und angegriffen worden seien.

 

 

 

 

Mit Dankesworten und der Anerkennung von Ruprecht Polenz an den Ehrenvorsitzenden Manfred Erdenberger für seinen unermüdlichen Einsatz für die Initiative in den vergangenen Jahren endete die Preisverleihung 2015.

 

 

 

 

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Presseberichte:

Landtag NRW

 Luxemburgisches Tageblatt

RP-Online

Deutsche Welle

Westdeutsche Zeitung

www.evangelische.de

PHOENIX-Beitrag zur Preisverleihung

Tagesgespräch PHOENIX mit Martin Schulz

Jüdische-Allgemeine

Heinrich-Böll-Stiftung

 

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